6.1. Immissionen (menschliche Gesundheit)
Aufgrund der Lage unmittelbar an der Unterdürrbacher Straße (Kreisstraße WÜ 21), des Verlaufs der Bahnlinie Würzburg - Fulda (1733) auf einer Brücke zwischen zwei Tunneln ca. 240 m westlich des Gebiets sowie der angrenzenden gewerblichen Nutzung (Weingut) ist das Planungsgebiet Lärmimmissionen ausgesetzt. Im Rahmen der Bauleitplanung wurde durch das Büro Wölfel Engineering GmbH, Höchberg eine Schallimmissionsprognose Verkehrs- und Anlagenlärm, Berichtsnummer X1625.001.02.006 vom 28.08.2023 erstellt (vgl. Kap. 7.2 und Anlage 1). Darin wurden auch mögliche Auswirkungen des Bauvorhabens (insbes. der geplanten Tiefgarage) auf angrenzende Nutzungen (Wohnen) untersucht.
Gewerbelärm
Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf den von außen auf das Plangebiet einwirken-den Gewerbelärm feststellen, dass keine Überschreitungen im Plangebiet selbst zu verzeichnen sind. Sowohl das südöstlich angrenzende Weingut als auch die weiter östlich gelegenen Gewerbebetriebe sind aufgrund der vorhandenen, nördlich an diese angrenzenden und als Reines Wohngebiet festgesetzten Wohnbebauung in ihren Geräusch-emissionen gemäß der Genehmigungsbescheide kontingentiert. Damit schränkt die geplante Wohnbebauung ebenso die angrenzenden Gewerbebetriebe durch das Heranrücken einer schutzwürdigen Nutzung nicht in unzulässiger Weise ein (vgl. Anlage 1), so dass auch dem Gebietserhaltungsanspruch der vorhandenen Betriebe Rechnung getragen wird.
Ruhender Verkehr (Tiefgarage und oberirdische Stellplätze)
Um an den angrenzenden Wohngebäuden keine erheblichen, unzumutbaren Störungen durch Parkvorgänge der zukünftigen Bewohner des Plangebiets hervorzurufen, ist die Einfahrt in die Tiefgarage einzuhausen, was durch Festsetzung im vorhabenbezogenen Bebauungsplan gesichert wird.
Nach § 12 Abs. 2 BauNVO ist in Allgemeinen Wohngebieten die Herstellung und Nutzung von Stellplätzen für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf planungsrechtlich zulässig. Dies gilt sowohl für die bauordnungsrechtlich erforderlichen Stellplätze in der geplanten Tiefgarage, die nur von Anwohnern der gegenständlichen Wohnanlage genutzt werden, als auch für die vier oberirdischen Pkw-Stellplätze für die Nutzer der Kindertageseinrichtung und Besucher sowie die vier Motorradstellplätze im Nordwesten, die ebenso Nutzern und Besuchern des Quartiers vorbehalten sind. Des Weiteren ist mit Verweis auf die Parkplatzlärmstudie sowie verschiedener Rechtsprechungen (Einzelfallentscheidungen) grundsätzlich davon auszugehen, dass Stellplatzimmissionen in Wohnbereichen zu den üblichen Alltagserscheinungen zählen und diese keine erheblichen, unzumutbaren Störungen hervorrufen.
Etwas anderes gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 2 der BauNVO allerdings dann, wenn von ihnen Belästigungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzulässig sind. Dabei wird allerdings regelmäßig davon ausgegangen, dass notwendige Stellplätze für Wohnvorhaben in einer von Wohnbebauung geprägten Umgebung keine erheblichen, billigerweise nicht mehr zumutbaren Störungen im Sinne dieser Vorschrift hervorrufen (Beschl. d. Senats v. 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - BauR 2009, 470; Sauter, LBO, Stand Dez. 2012, .37 Rn. 11). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauNVO darf die Nutzung von Stellplätzen die Gesundheit der Anwohner nicht schädigen. Als kritisch für die Gesundheit werden chronische Lärmbelastungen tags über 70 dB(A) und nachts über 60 dB(A) angesehen, welche im Zusammenhang mit der Nutzung der Tiefgarage sowie den vier oberirdischen Stellplätzen für KfZ und vier für Motorräder jedoch sicher ausgeschlossen werden können.
Parkhäuser, Parkplätze und Tiefgaragen einschließlich der Zu- und Abfahrten können darüber hinaus aus schalltechnischer Sicht wie nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des BImSchG behandelt werden. Die Beurteilung findet demnach nach den Kriterien der TA Lärm für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen statt.
Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass
- schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche verhindert werden, die nach dem Stand der Technik zur Lärmminderung vermeidbar sind, und
- nach dem Stand der Technik zur Lärmminderung unvermeidbare schädliche Umwelt-einwirkungen durch Geräusche auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Den Anforderungen nach a) und b) wird durch die Einhausung der Tiefgarageneinfahrt Rechnung getragen. Diese Schallschutzmaßnahme wird im Bebauungsplan durch Festsetzung gesichert.
Für die Beurteilung des Parkierungslärms der notwendigen Stellplätze von Wohnungen existiert somit keine verbindliche Rechtsgrundlage. Daher findet eine analoge Anwendung der TA Lärm statt.
Bei der Beurteilung des Parkierungslärms werden bei analoger Anwendung der TA Lärm folgende Anpassungen in Ansatz gebracht, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere im Land Baden-Württemberg entwickelt wurde:
- Die Bewertung der Beurteilungspegel des Parkierungslärms erfolgt durch einen direkten Vergleich mit den Immissionsrichtwerten der TA Lärm. Eine Überlagerung mit dem Gewerbelärm findet nicht statt.
- Auf die Ermittlung und Beurteilung von Spitzenpegeln kann gemäß aktueller Rechtsprechung zu notwendigen Stellplätzen von Wohnungen verzichtet werden. In der vorliegenden Aufgabenstellung werden aufgrund der im Vergleich zum Umfeld deutlich höheren städtebaulichen Dichte für das geplante Wohnbauvorhaben und daraus resultierend einem erhöhten Stellplatzbedarf die Spitzenpegel dennoch ermittelt und bewertet.
Am Tag werden die Immissionsrichtwerte des Anlagenlärms für Parkverkehr sowohl an den nächst gelegenen benachbarten Gebäuden als auch im Plangebiet selbst eingehalten. In der Nacht können an der benachbarten Unterdürrbacher Straße 169 kurzzeitige Geräuschspitzen mit Überschreitung des im Reinen Wohngebiet zulässigen Spitzenpegels um bis zu 3 db(A) auftreten. Der zulässige Wert für Spitzenpegel in einem Allgemeinen Wohngebiet wird allerdings eingehalten.
Im Plangebiet selbst können am westlichsten Gebäude Überschreitungen des zulässigen Spitzenpegels in der Nacht bis 6 db(A) auftreten. An diesen Fassadenbereichen sind aufgrund des anderweitig einwirkenden Verkehrslärms ohnehin passive Schallschutzmaßnahmen vorzusehen.
Verkehrslärm
Bezogen auf den von außen auf das Plangebiet einwirkenden Verkehrslärm kommt es sowohl tags als auch nachts in weiten Bereichen zu einer Überschreitung der Orientierungs- (OW) der DIN 18005-1 und Immissionsgrenzwerte (IGW) der 16. BImSchV. Tagsüber sind Überschreitungen der OW für WA-Gebiete (OW: 55 dB(A)) im südlichen Bereich von bis zu 8 dB, nachts (OW: 45 dB(A)) im westlichen Bereich von bis zu 13 dB zu erwarten. Die um 4 dB über den OW liegenden IGW für WA-Gebiete werden tags und nachts ebenfalls weitgehend überschritten. Die IGW für MI-Gebiete (tags: 64 dB(A), nachts: 54 dB(A)) werden nachts im Süden und Westen um bis zu 4 dB überschritten. Tagsüber werden die IGW für MI-Gebiete an allen Fassaden eingehalten. Aufgrund der ermittelten Überschreitungen der Orientierungswerte für Allgemeine Wohngebiete sind Schallschutzmaßnahmen am Gebäude für den Tag- und Nachtzeitraum erforderlich.
Grundsätzlich stehen aktive Maßnahmen (z. B. Lärmschallschutzwand/-wall) und passive Maßnahmen (z. B. Schalldämmung der Außenbauteile, Grundrissorientierung) zum Schallschutz zur Verfügung.
Aktive Schallschutzmaßnahmen zeigen im Plangebiet aufgrund der Topographie nur im Bereich des Erdgeschosses Wirksamkeit. Um sowohl die vorhandene offene städtebauliche Struktur als auch die Vernetzung von vorhandenen Grünräumen mit Freiflächen im Plangebiet fortzuführen, wird sowohl aus städtebaulichen als auch artenschutzrechtlichen Gründen auf einen geschlossenen aktiven Schallschutz verzichtet. In der Schallimmissionsprognose werden daher passive Schutzmaßnahmen vorgeschlagen, die über Festsetzungen Eingang in den Bebauungsplan finden.
Zur Schaffung gesunder Wohnverhältnisse können grundsätzlich Lösungen wie eine Grundrissorientierung der Wohnungen mit Anordnung der Schlaf- bzw. Aufenthaltsräume an den schallabgewandten Gebäudefassaden oder alternativ, mindestens eines zu öffnenden Fensters eines Aufenthaltsraums auf der ruhige Fassadenseite vorgesehen werden.
Im Plangebiet sind diese Maßnahmen jedoch aus städtebaulichen Gründen im Zuge eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden, aufgrund des gewählten städtebaulichen Konzepts, der beabsichtigten Nachverdichtung mit Mehrfamilienhausbebauung (Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für die öffentliche Daseinsvorsorge), der Erschließung der Wohnungen von Osten und Westen sowie der vorbelasteten Lage mit Geräuscheinwirkungen von Süden und Westen nicht für alle geplanten Wohnungen umsetzbar. Alternativ sind deshalb andere wirksame passive Schallschutzmaßnahmen vorzusehen, um gesunde Wohnverhältnisse am Tag und in der Nacht zu gewährleisten. Hierzu zählen eine fensterunabhängige schallgedämmte Lüftung für Schlafräume ab Überschreitung von 50 db(A) nachts, die Schalldämmung der Außenbauteile gem. DIN 4109 sowie Maßnahmen nach dem Prinzip der 2-Schaligkeit (z. B. verglaste Loggia, Prallscheibe, etc.).
Zum Schutz des Außenbereichs der Kindertageseinrichtung vor schädlichen Schalleinwirkungen am Tag ist an der Süd- und Ostgrenze des vorgesehenen Außenspielbereichs eine Schallschutzwand vorzusehen. Mit der untersuchten Wand (Mindesthöhe 2,0 m über der Oberkante der angrenzenden Freifläche) werden die Beurteilungspegel in der Berechnungsebene 2,0 m ü. GOK tags auf max. 60 dB(A) reduziert.
Unter Berücksichtigung der festgesetzten Maßnahmen zum Immissionsschutz sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch durch das Vorhaben zu erwarten.